Überfahrt von St. Helena nach Fernando de Noronha

30. Juli - 15.August 2024

 

30. 7. 2024:

Bei Nieselregen legen wir Richtung Nord-West nach Brasilien ab. Wir erwarten für die gesamte Überfahrt achterliche Winde. 

 

Die ersten zwei Tage kommt der Wind mit 17 - 25 Knoten aus Süd-Ost und Ost-Süd-Ost. Die See ist sehr rau, die Wellen sind um die drei Meter hoch.

 

Am 1. August nehmen Wind und Wellen etwas ab und wir setzen zum ersten Mal den neuen, 95 m2 großen  asymmetrischen Spinnaker, ein Leichtwindsegel, es ist aufregend. Wir haben in den Asymmetric sehr große Erwartungen bei achterlichen Winden gesetzt und diese werden erfüllt. Wir segeln sehr ruhig und mit mehr als der halben Windgeschwindigkeit. Wir sind sehr froh, dass wir uns für dieses Segel entschieden haben. Mitten in der Nacht müssen wir den Asymmetric wegen Flaute bergen, was mit dem Sack, der über das Segel gezogen wird, rasch und gut geht.  

Im Südatlantik tut sich sehr wenig. Bis jetzt haben wir nur zwei Cargo-Schiffe am Monitor gesehen und etwa 400 Seemeilen von St. Helena entfernt drei chinesische Fischerboote. 

 

Am 2. August am Abend können wir den Asymmetric wieder setzen. Bei scheinbaren Winden zwischen 8 - 14 Knoten erreichen wir Bootsgeschwindigkeiten über 7 Knoten, maximal bis 9 Knoten. Wir genießen das Segeln mit dem Asymmetric sehr. 

 

Die Nacht vom 3. auf den 4. August ist hart. Die See ist deutlich rauer geworden. Die Wellen sind zwischen zwei und drei Meter hoch, die Böen nehmen zu. 

 

Am 4. August am späten Nachmittag entschließen wir uns, den Asymmetric zu bergen. Erwin hat größte Mühe, den Sack herunterzuziehen. Der Winddruck ist gewaltig. Wir segeln vorerst nur mit dem Vorsegel weiter. Wir müssen uns erholen und brauchen eine ruhige Nacht. 

 

Am 5. August in der Früh geht der 'low voltage alarm' los. Der Ladezustand der Batterien wird mit 79,1% angezeigt. Das überrascht uns. Die neuen, in St. Helena gekauften Batterien sind gerade einmal eine Woche alt. 

 

Vom 5. bis 12. August segeln wir wieder mit dem Asymmetric. Es sind friedliche, entspannte Segeltage. Der Südatlantik präsentiert sich von einer positiven Seite. Die Winde sind moderat, die See ist ruhig. Es ist warm, tagsüber scheint oft die Sonne, einige Male haben wir, nur in der Nacht, wolkenbruchartige Regengüsse. Der Asymmetric ist erfreulich tolerant, er steht auch noch bei sehr wenig (um die 4 Knoten) Wind. 

 

12. August: 

Im Morgengrauen ist wieder 'low voltage alarm', dieses Mal bereits bei 92% Batterieladung. Die neuen Batterien sind eine Katastrophe, sie sind schlechter als die alten. Die haben zumindest zwei Jahre gehalten. 

 

In der Früh kommen wir in eine Flaute. Bei 2 Knoten müssen wir den Asymmetric dann doch bergen. Bis der Wind wieder zurück ist, motoren wir einige Stunden.

 

Der Wind hat zuletzt zunehmend auf Süd (SSE) gedreht und wir sind, da wir den Asymmetric nicht unter einem Windwinkel von 110° segeln können, immer weiter vom Kurs abgekommen. Wir entscheiden uns, jetzt das Groß, den Code Zero und das Vorsegel zu setzen und direkten Kurs auf Fernando zu nehmen. Das in den Windstellen, um das Groß zu setzen geht ganz gut, obwohl wir nur einen Motor zur Verfügung haben. Seit dem 9. August ist der Backbordmotor ausgefallen. 

 

Mit der Kursänderung kommen die Wellen von der Seite, das Boot ist sehr unruhig und laut. Wir sind inzwischen vom Asymmetric verwöhnt, mit dem das Segeln sehr ruhig ist und leiden ziemlich.  

 

Am 13. August werde ich um 6 Uhr Früh von Erwin mit der Nachricht 'die Steuerung ist ausgefallen' aus einem kurzen Schlaf geholt. Im ersten Moment denke ich an den Autopiloten, der uns wegen intermittierender, ungewöhnlicher Geräusche seit der Überfahrt nach St Helena Sorgen bereitet. 

 

Aber es ist nicht der Autopilot, sondern das Steuerungsseil, es ist gerissen! Wir sind 185 Seemeilen von der Insel Fernando de Noronha entfernt. Das Boot fährt mit den drei gut gefüllten Segeln bei 15 Knoten Wind völlig balanciert ohne Steuerung auf Kurs dahin. 

 

Erwin hatte Wache, vom Salon aus ist ihm aufgefallen, dass sich das Steuerrad nicht mehr bewegt, ist zum Steuerstand hinaus und konnte das Steuerrad ohne Widerstand drehen. Das Gefühl muss schrecklich gewesen sein. 

 

Die drei Segel müssen hinunter, denn die Situation kann sich plötzlich ändern. Wir rollen zuerst den Code Zero und das Vorsegel ein. Erwin kann das Groß ganz gut herunterziehen, obwohl der Wind von der Seite kommt. 

 

Ohne Segel treiben wir mit etwa 2 Knoten, zuerst in Richtung Fernando, dann dreht sich das Boot, ohne dass sich die Windrichtung und -stärke verändert hat, um 180° in die Gegenrichtung. Die Sonne scheint, der Wind hat um die 15 Knoten, die Wellen sind um die zwei Meter hoch. 

 

Erwin findet die Stelle, an der das Drahtsteuerungsseil gerissen ist. Diesmal ist es nicht der Rost, sondern ein Ermüdungsbruch bei einer 90° Umlenkrolle. Sie befindet sich an einer kaum einsehbaren Stelle im steuerbordseitigen Motorraum. Die Reparatur wird schwierig. Wir frühstücken zuerst einmal. Zuletzt hatten wir kurz vor Cocos Keeling Probleme mit der Steuerung. 

Die Reparatur dauert 10 Stunden, ist für Erwin in dem engen, heißen Motorraum extrem anstrengend. Die beiden Drahtseilenden müssen gekürzt werden, dann wird jedes Ende mit einer Kausch abgeschlossen. Das nun fehlende Stück ersetzt Erwin mit Dyneema. Der Abstand zwischen den beiden Kauschen ist kritisch, weil diese ja nicht über die Umlenkrolle gehen können. Anpassungen sind notwendig. Dann muss die Kette, die auf dem Zahnkranz des Steuerrades mittig liegen muss, durch einen etwa 10 cm engen Schacht etwa 120 cm in die Höhe gehoben und auf dem Zahnkranz aufgelegt werden. Schlussendlich müssen die Ruder in Mittelstellung fixiert und die Steuerseile gestrafft werden. Unsere Nerven liegen blank. Das Ergebnis ist nicht optimal aber wir haben nicht mehr die Nerven für Verbesserungen. 

 

Kurz bevor die Sonne untergeht können wir wieder einen Kurs anlegen. Wir setzen nur das Vorsegel. Zu mehr haben wir nicht die psychische Kraft, und segeln mit um die 3,5 Knoten Bootsgeschwindigkeit durch die Nacht. 

 

Wir hören lautes 'Krah-Krah'. Wir drehen das Licht im Cockpit auf und sehen 6 mittelgroße schwarze Vögel mit langen Flügelfedern, die uns als Rastplatz entdeckt haben. Drei haben es sich am Dach des backborseitigen Steuerstandes und auf der Steuersitzlehne bequem gemacht, drei sitzen auf der Reeling. Sie sind nicht scheu, denn das Licht irritiert sie nicht. Leider verlassen sie uns beim ersten Morgengrauen, bevor wir sie fotografieren können. 

 

14. August:

Im Morgengrauen geht der 'low voltage alarm' bei 96,4% Batterieladung los und wir müssen den Motor starten. Noch vor dem Frühstück rollen wir wieder den Code Zero aus und segeln mit 6 - 7 Knoten Bootsgeschwindigkeit zügig Richtung Fernando. Es ist stark bewölkt, sodass unsere Solarpaneele nicht viel zur Batterieladung beitragen können. Kurz nach Sonnenuntergang ist die Spannung bereits bei 97,2% Batterieladung kritisch abgefallen und wir brauchen den Motor. 

 

Die See wird zunehmend rauer, der Wind legt zu, in den Böen auf bis zu 24 Knoten. Das ist für den Code Zero zu viel, wir müssen ihn einrollen. Wir warten auf eine windschwächere Phase für das Einrollmanöver. Bis jetzt hatten wir am Abend immer eine Flaute, die wenige Minuten bis eine Stunde angehalten hat. Heute warten wir vergeblich, dass sich der Wind abschwächt und entscheiden uns bei 18 Knoten scheinbaren Wind für das Manöver. Kaum hat Erwin mit dem Einrollen begonnen, der Zug ist gewaltig, springt wenige Sekunden später die Reffleine aus der Furlernut. Der Furler ist zu weit vorne über der Bugsprietspitze, sodass die Reffleine nicht repositioniert werden kann. Wir können den Code Zero nicht mehr einrollen, müssen weitersegeln. Falls keine windschwächere Phase kommt, müssen wir den Code Zero in der Windabdeckung von Fernando herunterholen. Wir sind mit 7,5 bis 8 Knoten viel zu schnell, dazu eine unangenehme Welle von der Seite, sind ziemlich gestresst, verbringen gemeinsam die Nacht vor dem Monitor. 

 

15. August:

Kurz nach 3 Uhr früh sind wir vor Fernando de Noronha. Von einer Windabdeckung merken wir wenig, haben immer noch 18 Knoten scheinbaren Wind, zumindest sind die Wellen deutlich weniger. Wir haben das Bergemanöver des 75 m2 großen Segels durchdiskutiert und hoffen, dass es wie vorgesehen klappt. Wir haben jede Menge Taue am Vorderdeck zum Beschweren des Segels vorbereitet, ich starte den Motor, gehe auf 2.200 Umdrehungen, steuere so, dass das Segel zu killen beginnt. Erwin gibt das Fall frei und der Code Zero rauscht innerhalb einer Sekunde herunter. Der untere Teil des Segels fällt auf das Deck, der obere Teil wird durch die Wanten nach außen gelenkt und fällt ins Wasser. Wir stürzen uns auf das am Deck liegende Segel, das der Wind immer wieder aufblähen will, beschweren es mit den Taubündeln und ziehen den außerbordliegenden Teil vom Wasser herauf. Das Manöver glückt und wir sind unglaublich erleichtert. 

 

Von 3:30 bis 6:15 Uhr fahren wir vor der Bucht mit dem Vorsegel auf und ab. Wir wissen, dass in der Bucht unbeleuchtete Boote liegen. Mit Tagesanbruch steuern wir unseren Ankerplatz an. Auf dem Weg dorthin verfangen sich im Wasser treibende Taue beim backbordseitigen Ruder. Wir rufen über Kanal 16 und 12 um Hilfe, aber keine Antwort. Hier versteht man kaum Englisch. Erwin geht mit Schnorchelausrüstung ins Wasser und hat teilweisen Erfolg, kann ein Tau loslösen. Ein Tau lässt sich aber nicht lösen und muss durchtrennt werden. Wir sind wieder frei.

Brasilien

Fernando de Noronha

15. - 24. August 2024

 

15. August 2024:

Nach 2.009 Seemeilen und 15,5 Tagen ankern wir um 8:30 Uhr in der Bucht von Port Santo Antonio. Um uns herum liegen viele kleine Motorboote und Ausflugsboote an Bojen, wir sind die einzige Segelyacht in der Bucht. 

Fernando de Noronha ist ein Archipel vulkanischen Ursprungs, etwa 200 Seemeilen von der Nordostküste Brasiliens entfernt. Nur die 10 km lange und 3,5 km breite Hauptinsel ist bewohnt (3.000 Einwohner). Seit 2001 ist der Archipel UNESCO Weltnaturerbe. Er hat eine wunderbare, artenreiche Unterwasserwelt. Täglich kommen Spinner Delphine in die Bucht geschwommen und man kann sie von weitem beobachten, wie sie aus dem Wasser springen. Die Delphine sind besonders geschützt, man darf sich maximal auf 100 Meter nähern, bei Nichteinhalten drohen empfindliche Strafen. Das wird vom Hafenkapitän-Office aus mit dem Fernglas kontrolliert. Mit den Delphinen schwimmen, das war einmal.

 

Nach einigen Stunden Schlaf wollen wir an Land. Der Außenborder startet nicht. Nach dem Reinigen des Vergasers läuft er perfekt, wir sind erleichtert. Zum Einklarieren ist es inzwischen zu spät. Wir fahren mit dem Taxi in den nächsten Ort, wo es das einzige ATM-Gerät auf der Insel gibt. Den Abend verbringen wir in dem Restaurant am Hügel über dem Hafen. 

Zur 'Crocodile' zurück muss Erwin rudern, der Außenborder lässt sich nicht starten. Der konstante Süd-Ost-Wind weht vom Land zu den Booten. Es ist stockfinster und wir haben kein Ankerlicht eingeschaltet, können aber den einzigen Mast in der Bucht erkennen.  

 

16. August:

In der Früh reinigt Erwin wieder den Vergaser. Wir fahren los, der Außenborder lässt sich starten, stirbt aber auf halbem Weg zum Ufer ab. Zum Ufer ist es nicht sehr weit, zum Rudern ist das Dinghy aber nicht gut geeignet, noch dazu mit Gegenwind. Ein vorbeikommendes Dinghy nimmt uns in Schlepptau. Die Leute sind generell sehr freundlich und hilfsbereit.

Das Einklarieren verläuft in freundlicher Atmosphäre. Der Hafenkapitän spricht nur Portugiesisch, mit einer Übersetzungs-App am Computer klappt die Kommunikation aber ganz gut. Wie üblich sind eine Menge Formulare auszufüllen. 

 

Wir fahren mit dem Bus zu dem einen Ort auf der Insel, wo es SIM-Karten geben soll. Sie sind nur leider ausverkauft. Wann eine neue Lieferung kommt, weiß man nicht. Wir sind ziemlich sauer. Der örtliche Supermarkt ist auch eine herbe Enttäuschung. Ich sehne mich nach dem gut sortierten Woolworth an der Waterfront in Kapstadt. 

 

Wir mieten einen Buggy, um die Insel zu erkunden. Die Buggies sind ein sehr beliebtes Fortbewegungsmittel auf der Insel. Es sind die Buchten, die von spektakulären Vulkanfelsen umgeben sind und die traumhaften Strände, die die Insel einmalig machen. Es ist die Urlaubsinsel der wohlhabenden Brasilianer und Honeymooner. Es gibt keine großen Hotelkomplexe. Pro Tag dürfen maximal 400 Besucher auf der Insel sein. Wir haben den Eindruck, dass das nicht ganz so genau genommen wird. 

 

Wir finden immer einen Sonnenschirm mit zwei Liegen. Vom Strand Cacimba do Padre sind wir begeistert, ebenso vom lässig-stilvollen Strandrestaurant. Hier könnte man es länger aushalten.

Wir haben einige Reparaturen am Boot zu machen, der Außenborder startet nicht mehr und Internet haben wir nach wie vor keines. Wir werden nach Jacaré weitersegeln. In Jacaré gibt es eine in einem Fluss liegende gut beurteilte Marina und wir hoffen, dass dort die Reparaturen gemacht werden können. 

 

24. August:

Nachdem zwei Taucher unsere Ankerkette in 11 m Tiefe von einem Felsblock befreit haben, legen wir um 11:30 Uhr Richtung Süd-Westen zum brasilianischen Festland ab. Zum Abschied sind heute besonders viele Delphine in unserer Nähe, ebenso eine Mooring-Leine, die sich mehrmals um den steuerbordseitigen Propeller gewickelt hat. Erwin hat schon eine gewisse Übung im Befreien von Mooring-Leinen, das Wasser ist glasklar und warm, trotzdem ist es mühsam und er muss sich eine halbe Stunde lang abplagen. Noch in der großen Bucht von Santo Antonio setzen wir das Groß mit zweitem Reff und das Vorsegel. Wir segeln einige Seemeilen entlang der Insel und solange wir noch in der Abdeckung von Fernando sind, ist das Wasser ruhig und glatt und die Bootsgeschwindigkeit um die 8 Knoten. Im freien Ozean nehmen dann die Wellen rasant zu und die See wird zunehmend rauer. 

 

Für die etwa 250 Seemeilen nach Jacaré werden wir zwei Tage und Nächte unterwegs sein. Wir erwarten einen konstanten Süd-Ost Wind zwischen 15 - 20 Knoten mit Böen bis 26 Knoten.   

 

Anfänglich kommt der Wind aus Ost-Süd-Ost, ist mit 24 - 27 Knoten deutlich stärker als vorhergesagt, dreht dann mehr nach Süden, sodass der Windwinkel für uns zunehmend ungünstiger wird. Um den Kurs zu halten, müssten wir mit weniger als 50° am Wind segeln, die Bootsgeschwindigkeit wäre gering und die Abdrift groß.

 

Mit rund 55 bis 65 ° entfernen wir uns bis zu 20 Meilen von der Kurslinie. Der Wind bleibt in den hohen Zwanzigern. Die zwei bis drei Meter hohen Wellen kommen von der Seite, die See ist sehr rau. Alle Deckenpaneele der steuerbordseitigen Heckkabine fallen herunter.

 

25. August:

In der Früh laden wir noch einmal die Wetterprognosen herunter und sehen, dass wir mit Motorhilfe kreuzen müssen, wollen wir unser Ziel, die Mündung des Gezeitenflusses Rio Paraiba in den Atlantik, erreichen. Hart am Wind gegen die Wellen kämpfen wir uns bis zur Kurslinie und etwa 4 Meilen darüber hinaus zurück. Dann dreht der Wind wieder auf Süd-Ost und teils auf Ost-Süd-Ost, was günstig für uns ist, und wir können mit Motorunterstützung direkten Kurs auf die Flussmündung anlegen.

 

26. August:

Um 11:30 Uhr  bergen wir vor der Mündung die Segel und fahren im gut ausgetonnten Fluss unter Motor die wenigen Seemeilen bis zur Marina. Über Funk versuchen wir vergeblich, die Marina zu erreichen und ankern letztlich nach 295 Seemeilen und 48 Stunden vor der Marina in 4 m Tiefe. Neben uns liegt die 'High Flight' von Wolfgang und Ilse, die wir von Durban kennen. Das ist eine angenehme Überraschung. 

 

27. August:

Die Jacaré Village Marina wird von Nicholas geleitet, der neben der Landessprache ausgezeichnet Englisch spricht und sehr freundlich und hilfsbereit ist. Er organisiert einen Taxifahrer, der uns fast den ganzen Tag quer durch die Stadt zu den Behörden zum Einklarieren und auch zu zwei Einkaufszentren fährt.

 

Wir bekommen einen Platz in der Marina. Am Steg haben wir Landstrom und Trinkwasser. Das wird die Reparaturen enorm erleichtern. In der Marina gibt es ein Laundry Service, Duschen, eine Bar mit etwas zum Essen, sowie einen guten Internetempfang. 

Täglich zum Sonnenuntergang ist die Promenade von Cabedelo, der Stadt neben Jacaré, voll mit Spaziergängern. Ein Saxophonist im weißen Anzug spielt von einem Boot aus Ravels Bolero, der genau dann endet, wenn die Sonne untergeht. Mit einfachen Mitteln wird viel Stimmung erzeugt. Auf die Promenade kommen zu dieser Zeit auch viele Katzen, die gefüttert werden und sehr zutraulich sind. Sie werden hier offensichtlich sehr gut behandelt.

8. September :

Morgen fliegen wir für 6 Tage nach Rio de Janeiro. Nach Rio zu segeln ist wegen der vorherrschenden Süd-Ost-Winde und der nordsetzenden Strömung beschwerlich und zeitaufwändig. Unsere 'Crocodile' ist in der Marina Village Jacaré sicher. Den Zuckerhut und Christus den Erlöser muss man gesehen haben, wenn man in Brasilien ist. 

Rio de Janeiro

9. - 15. September:

Nach einem dreistündigen Flug sind wir in Rio. Rio ist mit 6,5 Millionen Einwohnern die zweigrößte Stadt und gehört zu den gefährlichsten Städten Brasiliens. Touristen wird geraten, einsame Straßen und Plätze zu meiden und möglichst in einer Gruppe zu bleiben. Dass jemand Englisch spricht, ist die absolute Ausnahme, alle Beschriftungen sind in Portugiesisch. Wir machen nur geführte Touren, werden vom Hotel abgeholt und zurückgebracht. Wir können nicht telefonieren und haben außerhalb des Hotels kein Internet, trotz mehrstündigem Aufenthalt bei zwei Providern. Hier selbst mit dem Auto zu fahren ist für uns wegen der Sprachbarriere unmöglich. Wenn man Probleme hat, kann man mit niemanden reden und ist verloren.

 

Die Stadt hat viele großzügige Parkanlagen. Das Bauland ist einerseits durch die steilen Granithügel und durch das Meer begrenzt. Dadurch wurde in allen Stadtvierteln hochgeschossig gebaut, mit teils sehr engen und hohen Straßenschluchten, die jedoch stets mit Bäumen begrünt sind. Es gibt eine schmale und sehr wohlhabende Oberschicht, eine komfortabel lebende, relativ kleine Mittelschicht und eine große Unterschicht, die mit dem Existenzminimum durchkommen muss.

 

 

Copacabana Beach

 

Unser Hotel ist etwa 50 m vom Copacabana Beach entfernt. Der weltberühmte, über 4 km lange Sandstrand vermittelt eine einzigartige, etwas überdrehte Atmosphäre und man hat den Eindruck, dass sich das Leben von Jung und Alt hauptsächlich am Copacabana Beach abspielt. Die Größe und Weitläufigkeit sind beeindruckend, ebenso die schiere Masse an Menschen. Der Strand ist gepflegt und das Meer ist sauber. Die Uferstraße Avenida Atlântica wird gesäumt von Luxushotels.  

 

Favela Rocinha

 

Wir besuchen die Favela Rocinha, sie hat über 100.000 Einwohner. Unser Guide ist in der Favela Rocinha aufgewachsen und wohnt jetzt als junger Erwachsener nach wie vor hier, und das gerne. Seine Informationen sind durch die eigenen Erfahrungen geprägt. Touristen sind hier sicher, obwohl es wenig Polizeipräsenz gibt. Für 'Sicherheit und Ordnung' in den Favelas sorgen die Drogenbosse. Sie sind daran interessiert, dass den Touristen nichts passiert, das wäre geschäftsschädigend, bringt die Polizei in die Favelas und damit schlechte Presse. Drogen (Kokain und Marihuana) werden auf sogenannten 'drug tables' ganz offen in Plastiksäckchen angeboten. Die Drogenbosse haben sich gegen den Verkauf von Crack und auch anderer Drogen entschieden, weil diese Suchtgifte die Kunden zu rasch umbringen. Hier ist fotografieren verboten. 

 

Die Favelas sind dichtest und mehrstöckig bebautes öffentliches Land auf steilen Hügeln mitten in der Stadt. Die Bauqualität ist solide, weil die Favelas von denselben Bauarbeitern errichtet wurden und werden, die auch die Wolkenkratzer in Rio erbau(t)en. Die Elektrizitätsversorgung ist atemberaubend, funktioniert aber. Für die meisten 'Kunden' gibt es keine Zähler, sie werden kostenfrei mitversorgt, eine Stromabschaltung hätte enormes politisches Unruhepotential. Probleme sind in erster Linie die Abwasserentsorgung und starke Regenfälle. Es ist jeder Quadratmeter durch Gebäude oder Verkehrsflächen versiegelt und die oft sehr heftigen Regenfälle bilden auf dem steilen Gelände, den engen Gehwegen und Stiegen rasch reißende Sturzbäche. Durch Alarmsirenen werden die Bewohner gewarnt. Die Wasserversorgung erfolgt über Zisternen auf den Dächern, die über die öffentliche Wasserversorgung gespeist werden. Rohleitungen führen an den Außenseiten der Gebäude in die einzelnen 'Wohnungen'.

'Wark da Rocinha' ist ein inzwischen international bekannter Graffiti-Künstler namens Marcos Rodrigo, der in der Favela Rocinha lebt. Seine Arbeiten sind bunt, vital und witzig.

 

Cristo Redentor

 

Auf dem 710 m hohen Corcovado steht die 30 Meter hohe und über 1000 Tonnen schwere monumentale Art Deco Statue 'Christus der Erlöser', seine Arme schützend über die Stadt und über die Guanabara Bay ausbreitend. Der Kopf und die Hände stammen von dem französischen Bildhauer Paul Landowski, die übrige Statue wurde von lokalen brasilianischen Ingenieuren 1931 fertiggestellt. Cristo Redentor ist das Wahrzeichen von Rio de Janeiro.

 

Zuckerhut

 

Der Zuckerhut ist ein 396 Meter hoher, steiler Felsen auf der Halbinsel Urca am Eingang der Guanabara Bay. Zwei Seilbahnen mit einer Mittelstation führen zum Gipfel hinauf.   

Von hier oben gibt es grandiose Ausblicke und liebe, ganz kleine Äffchen. 

 

Fliesentreppe von Selarón 

 

Die 125 Meter lange Stiege befindet sich im Stadtteil Lapa und ist eine Kreation des chilenischen Malers Jorge Selarón, an der er zwei Jahrzehnte lang arbeitete. Er lebte bis zu seinem Tod vor 10 Jahren in Rio, litt unter Depressionen und war dem Alkohol, vor allem dem Bier, sehr zugetan. Die Fliesen sind in Anlehnung an die brasilianische Flagge in den Farben gelb, grün und blau gehalten. Fliesen aus über 60 Ländern und Städten hat er in seine Fliesentreppe eingearbeitet. Es ist ein farbenprächtiges, opulentes Kunstwerk, das täglich hunderte Touristen anzieht.  

 

Kathedrale San Sebastian

 

Brasilien ist noch eine mehrheitlich katholische Nation. Die Kirche hat Platz für 22.000 Gläubige und ist an Sonntagen bei der Messe gut besucht. 

Mit der 130 Jahre alten Straßenbahn fahren wir in den Stadtteil Santa Teresa hinauf. Es ist das ehemals vornehme Viertel von Rio. Die zum Teil renovierungsbedürftigen Villen zeugen noch davon. Heute ist es eher ein Viertel für Künstler. Als eine sehr wohlhabende Mäzenin ohne Nachkommen verstarb, wurde ihr sehr schöner Besitz (das Gebäude mit den Säulen) von Unterstandslosen besetzt und komplett devastiert. Vor 27 Jahren hat der Staat das Gebäude übernommen, jetzt werden Märkte für Künstler in dem Areal abgehalten. Der überwiegende Teil ist immer noch Ziegelmauerwerk ohne Decken und Wände. Als wir fragen, warum man nach 27 Jahren mit der Revitalisierung nicht schon längst fertig ist, antwortet unsere Führerin nur "welcome to Brazil".

Das Café Colombo zählt angeblich zu den 10 weltweit schönsten. Es erinnert sehr entfernt an den Demel in Wien, ein Touristenhotspot. Der Kaffee mit Schlagobers war gut.

High life auf der Dachterrasse unseres Hotels.

15. September:

Bevor wir am späten Nachmittag wieder zurück zu unserem Boot fliegen, genießen wir wie viele andere die Copacabana Promenade. Es ist Sonntag und eine mehrspurige Fahrbahn ist für Fußgänger, Rad- und Rollerfahrer gesperrt. Mädchen und Frauen zeigen sehr viel Haut, ohne dass es anzüglich wirkt. Es ist hier völlig normal und gehört zum Lebensgefühl. Eine ausgelassene Stelzengeherparade ist von ansteckender Lebenslust.